Die Grenzen der Harmonie... FWG zur vorgestellten Rahmenplanung: Mit der Einwohnerversammlung der Stadtverwaltung Ingelheim am 8. Juni scheint die Innenstadtplanung unter Dach und Fach. Das Projekt wird am 15. Juni aller Voraussicht nach den Bau- und Planungsausschuss passieren und zwei Wochen später vom Stadtrat beschlossen werden. Damit wäre dann der planerische Rahmen für die Stadtmitte gesetzt.
Die Stadtverwaltung hat wiederholt betont, dass die eigens einberufene, überfraktionell besetzte Planungswerkstatt höchst konstruktiv gearbeitet hat. In der Tat, es gab konstruktive Zusammenarbeit und allseitige Zustimmung zu vielen wichtigen Punkten, aber nach den einführenden Worten des Oberbürgermeisters und der nachfolgenden Veröffentlichung in der AZ müsste man annehmen, dass es allenfalls in einigen wenigen unbedeutenden Punkten abweichende Meinungen gab. Die so dargestellte Harmonie trügt jedoch.
Die besondere, allseits akzeptierte Leistung der Stadtplaner ist die „Auflösung“ des simplen Stadtmitte-Kreuzes aus Binger- und Bahnhofstraße in einen Rundweg, der den Bereich Friedrich-Ebert-Straße, Bingerstraße und Gartenfeldstraße umfasst.
Aber für die Planquadrat-Vorschläge für das Areal Marktzentrum/Rathaus wurden mit der Mehrheit von CDU, SPD, Liste Klose höchst bedenkliche politische Vorgaben gemacht: Vollständige Umsiedlung des WBZ inkl. Musikschule und Errichtung einer Halle mit mindestens 600 Plätzen oder besser: mit soviel Plätzen, wie das Gelände bei entsprechender Ausnutzung hergibt. Es erwartet uns nach dem überdimensionierten Einkaufszentrum eine weitere betonierte Maximalversion. Dem kann und wird die FWG nicht zustimmen! Die überdimensionierte Anhäufung von Großbaukörpern am Rathaus hat mit städtebaulicher Einfügung nicht mehr viel zu tun.
Die Alternativen eines WBZ-Umzuges ohne Musikschule und die Planung einer deutlich kleineren Halle wurden erst gar nicht diskutiert. Es fand keine sorgfältige Abwägung der Maximalwünsche des WBZ gegen die städtebaulichen Nachteile einer derartigen Gebäudemassierung statt. Man stellt sich die Frage, ob die Massierung von erweitertem Rathaus, Halle und WBZ und Musikschule attraktiv sein kann. Schon in den 3-D-Ansichten kommen heftige Zweifel. Wie soll da erst die Wirklichkeit wirken?
Planquadrat hat zweifellos die rigiden politischen Vorgaben von CDU und SPD sauber umgesetzt: es gelang der Nachweis, dass die gewünschte maximale Bebauung dieses Areals von den Bauvolumen her dort „untergebracht“ werden kann. Die städtebauliche Untersuchung kleinerer Alternativen unterblieb. Die höchst divergierenden Meinungen der FWG zu den Planungsvorgaben wurden wiederholt vorgetragen, zumindest teilweise geduldig angehört, aber regelmäßig überstimmt. Die hier erneut praktizierte faktische Große Koalition (mindestens in Bauangelegenheiten) muss nachdenklich stimmen. Hinzu kommt ein nicht akzeptabler Zeitdruck auf die Akteure des Workshops, der in wichtigen Fragen keine Zeit ließ. Insbesondere zur Abstimmung mit den Fraktionen, aber auch keine Zeit ließ z.B. für ausreichende Dokumentation der gutachterlichen Stellungnahme zur Verkehrsverträglichkeit, alles nur mündlich.
Der OB will bis 2014 baulich alles begonnen und das meiste umgesetzt haben. Warum diese Hast? Geht hier bauliche Realisierung vor gestalterische Qualität? Die Verwaltung ist nicht einmal in der Lage, in hinreichender Zeit eine dringend benötigte Toilettenanlage am Rotweinfestplatz zu realisieren. Oder soll die neue Stadt-Entwicklungs-Gesellschaft-Ingelheim (SEGI) zur reinen Schnellschuss-Realisierung gezwungen werden? Sollen hier die Fehler wiederholt werden, die sich um das Projekt Einkaufszentrum ranken? Warum die Eile für ein Konzept, dass weit in dieses Jahrhundert hinein die angestrebte Ingelheimer Stadtmitte bestimmen wird? Wem nützt diese Hast? Dem Bauunternehmer? Einem womöglich auf Wiederwahl bedachten OB? Sicher nicht den Ingelheimern, soweit sie an einer harmonischen baulichen Entwicklung interessiert sind. Und auch nicht den Ingelheimer Geschäftsleuten, die durch eine massive innerstädtische Bautätigkeit erheblich beeinträchtigt wären.
Wenn also am 29. Juni der Stadtrat über den Rahmenplan beschließen wird, wird es ein klares Nein der FWG für die Planungen am Rathaus/Marktzentrum geben. Wir erheben den Vorwurf, dass der Rahmenplan in der jetzt anstehenden nächsten Phase nicht mit der Prüfung des strittigen Bereichs am Rathaus anhand von Detailqualitäten (wie z.B. Straßenraumgestaltung, wünschenswerte Geschosshöhen, Parkplätze und Fußwege, Grünraumvernetzung etc.) kritisch unter die Lupe genommen wird. Wir fordern, den Zeitrahmen an den Erfordernissen einer sorgfältigen architektonischen Realisierungsplanung auszurichten – unter Diskussion von echten Alternativen. Die FWG will dabei weiterhin eine frühzeitige Einbindung der Bürger in die Diskussion dieser Alternativen – mit rechtzeitiger vorheriger und wirksamer Bekanntmachung! Und sollte es so kommen, dass die Planer nur die Vorgaben der Großen Koalition erfüllen müssen, wäre es mit der Harmonie wohl am Ende.