In den zurückliegenden Wochen haben wir alle heftig am Zustandekommen des Haushalts gearbeitet. In den Fraktionen, in den Ausschüssen, in den Amtstuben des Rathauses. Da die finanzielle Lage gut ist, waren die politischen Wunschlisten denn auch lang bzw. teuer. In allen städtischen Aktivitäten sind die Realisierungskapazitäten angespannt. Den Ratskollegen sind die Vorschläge der anderen Fraktionen bekannt, der Großteil ist auch inzwischen in der Presse veröffentlicht. Für die FWG möchte ich daher lediglich einige Punkte hervorheben, die uns angesichts unserer Wahlaussagen wichtig waren:
Verantwortungsvoller nachhaltiger Umgang mit Energie und Natur
Ein Thema, das auch den anderen Parteien wichtig ist, und als weitgehend ratsübergreifendes Ziel verstanden wird, ist die Null- Emissionsstadt.
Dazu werden wesentliche Impulse aus dem bereits in Auftrag gegebenen Solarkataster kommen – einer äußerst nützlichen und motivierenden Hilfe, den Ingelheimer Bürgern das Potential an Solarenergie sichtbar zu machen.
Wir möchten es gerne ergänzt sehen durch ein Wasserkataster. Das Wissen und andere Informationen über Quellen, Quellwasserleitungen, Brunnen und innerörtliche Gewässer – auch unterirdisch gefasste Wasserformen – soll systematisch in einem Kataster erfasst werden. Dabei geht es um das Ziel, unsere vorhandenen natürlichen Ressourcen zu schützen und gegebenenfalls auch energetisch nutzbar zu machen.
Die Entwicklung weiterer Gewerbeflächen östlich von Frei Weinheim halten wir in Hinblick auf die bereits erschlossenen Gewerbegebiete und ihre Ausnutzung nicht für zwingend. Der natürliche Erhalt der entsprechenden Flächen ist für Ingelheims Naherholungswert wichtiger.
Familienfreundlichste Stadt Rheinhessens (Jugend, Schulen, Kultur, Sport)
Die Entwicklung Ingelheims zu Rheinhessens familienfreundlichster Stadt ist gut unterwegs. Viel wurde schon getan: Genannt seien die Schwerpunkte:
- Mehrgenerationenhaus (MGH),
- altes Gymnasium, Mütze
- die Jugendmusikschule,
- der Ausbau der Kindergärten zu Ganztagseinrichtungen vom Wickelalter zur Vorschule.
Die Bildungsangebote der öffentlich geförderten Einrichtungen in Ingelheim haben zweifellos Niveau und sind fortschrittlich. Aber angesichts vieler Aktivitäten und Initiativen nehmen Unübersichtlichkeit und Überschneidungen im Angebot zu. Es bedarf dringend einer Abstimmung der Ziele von WBZ, MGH, Mütze, Mediathek. Hier sehen wir die Absicht der Verwaltung, wie von der FWG vor einiger Zeit vorgeschlagen, eine Art Konferenz der Akteure zu veranstalten, als sehr hilfreich an.
Die von der CDU beantragte Erarbeitung eines Konzeptes für die Förderung des Zusammenlebens der Generationen unter einem Dach geht da in die richtige Richtung. Wir unterstützen das ausdrücklich.
Die Ingelheimer Jugendlichen wollen wie alle jungen Menschen sich ausagieren können. Dies kann und darf wohl nach unser aller Vorstellung nicht als Randalieren, Demolieren oder bloßes Herumlungern vonstatten gehen. Leider haben wir einige Brennpunkte jugendlicher Randale in Ingelheim. Die FWG plädiert für eine offene und situative Jugendarbeit an Orten, an denen diese nötig ist. Wir hoffen sehr auf Erfolg für den jetzt bald startenden Einsatz von Streetworkern.
Auf die Bedürfnisse der Jugend soll eingegangen werden. Nach FWG Ansicht sollen sinnvolle offene Konzepte geschaffen werden, und – wesentlich – nicht nur an dem einen Ort, dem zentralen HdJ. Dies neue HdJ, so sorgfältig es jetzt auch geplant wurde, es wird auch in Zukunft nicht alle Bedürfnisse der Ingelheimer Jugend abdecken können. Allein schon aufgrund seiner Lage: Es werden eben nicht alle Ober-Ingelheimer oder Frei-Weinheimer Jugendlichen zum Gänsberg kommen.
Diese Feststellung deckt sich mit einer anderen Forderung der FWG: Wir sind für dezentralisierende Lösungen in sensiblen Fragen. Der Wunsch nach Entwicklung einer Stadtmitte, eines neuen Stadt-Zentrums darf uns nicht den Blick für die Nachteile der Zentralisierung verstellen.
Dezentralisierung ist auch bei Aufenthaltsorten für unsere Jugend anzustreben. Diese sollen über Kneipen, Diskotheken oder Bushäuschen deutlich hinaus reichen. In möglichst jedem der Stadtteile soll ein Angebot gefunden werden können. Daher sind wir unbedingt für den Erhalt und die Sanierung der Palm in Frei Weinheim, damit dort ein Ort für Jugendliche geschaffen wird, an dem Besseres, Interessanteres geschieht als das Flaschenwerfen am Rheindamm. Sinngemäß gilt dies selbstverständlich auch für die anderen Brennpunkte jugendlicher Randale in den Ortsteilen unserer Stadt.
Desgleichen wollen wir für den Schutz bedrängter und bedrohter Frauen – auch mit Kindern – Mittel einplanen. Der Bedarf an Plätzen, wie ihn Frauenhäuser, aber auch andere pro-aktive Familien- und Frauen-Einrichtungen anbieten, ist gestiegen. Die mit Hilfestellungen befassten Mitarbeiter von Kreis und Stadt erleben immer wieder die Begrenztheit der Schutzmöglichkeiten. Gemäß unserem hier erneut gestellten Antrag für den Haushalt 2010 soll mit Geld helfend die Kapazität und Arbeit unterstützt werden.
Bedeutung der Stadtteile
Bei aller Anerkennung der ästhetischen und historischen Präsentation des Saalgebietes – die bisher durchgeführten und noch beabsichtigten Pflasterarbeiten sind für viele betroffene Anwohner – und nicht nur für ältere Menschen und solche, die auf Gehhilfen angewiesen sind – nach wie vor ein Ärgernis. Wir sollten uns eingestehen, dass Verbesserungen möglich sind. Es sollte geprüft werden, ob die Ausführung der Pflasterarbeiten dem derzeitigen Stand der Technik entspricht und Abhilfe möglich ist. Die FWG wird an diesem für die Akteure und betroffenen Bürger unangenehmen Thema dran bleiben!
Finanzlage der Stadt
Gut finden wir, dass die CDU ihren Wunsch zur Errichtung einer 20-Millionen-Stiftung zunächst einmal zurückgestellt hat. Sie folgt damit einem FWG- und SPD-Vorschlag, zunächst eine Phase des Nachdenkens über die verschiedenen Möglichkeiten einer sinnvollen langfristigen Nutzung der Städtischen Rücklagen einzulegen.
Da wir ja nicht unbedingt mit andauerndem Manna vom Boehringer-Himmel rechnen sollten (so schön das wäre), müssen wir für die anstehenden hohen Investitionen in die weitere Innenstadtentwicklung vorsorgen: Rathauserweiterung, Bücherei und Mediathek, Veranstaltungshalle, Umgestaltung und Sanierung des Winzerkellers, Alter Huf und anderes werden noch viel von unseren Rücklagen beanspruchen.
Hier gibt es sicherlich noch viel Gesprächsbedarf. Sorgfalt und weitere finanzfachliche Aufarbeitung der Handlungsoptionen sind notwendig. In der langfristigen Ausgabensicherung ist es sicher nur eines von mehreren Zielen, die Verstetigung von freiwilligen Leistungen finanziell sicherzustellen.
Und: vergessen wir nicht: Die zu diesem Thema anstehenden Entscheidungen berühren die finanzielle Gestaltungsfreiheit auch derer, die in einigen Jahren nach uns gewählt werden. Daher ist die FWG froh über den erreichten Konsens.
Dank
Unser Dank gilt den vielen engagierten Verwaltungsmitarbeitern, die diesen Haushalt in der noch immer ungewohnten Form der Doppik erarbeitet haben.
Unser Dank gilt den nicht wenigen Bürgern, die sich im Umfeld unserer Ratsarbeit auf vielfältige Weise mit Ihren Ideen und Anregungen eingebracht haben.
Stil der politischen Auseinandersetzung.
Unsere Hoffnung für das Haushaltsjahr 2010 richtet sich auf eine weiterhin gedeihliche, auf wechselseitigen Respekt gegründete Zusammenarbeit im Rat.
Und sie richtet sich auf eine Verwaltungsspitze, die von sich aus dafür sorgt, dass mehr Öffentlichkeit entsteht, dass bei Entscheidungen über wichtige, über den Tellerrand hinausgehende Probleme genügend Raum und Zeit für Meinungsbildung geschaffen wird. Wir werden mit unendlich viel Kleinkram befasst und haben für die langfristig wichtigen Themen zu wenig Zeit.
Dies soll aber nicht nur für die Einbeziehung der Bürger gelten, sondern besonders auch für Verwaltung, Stadtrat und Ausschüsse! Stichwort Tagesordnung: zu kurzer Zeitraum zwischen erster Befassung und Beschluss. Da gibt es Verbesserungsbedarf und dient dem Interesse aller an nachhaltiger Qualität größerer Entscheidungen.
Und wenn da argumentiert wird: „Es muss halt rasch gehen, sonst kommen wir nicht voran.“, halten wir dem entgegen: „Soviel wie da häufig schnell beschlossen wird, kann die Verwaltung allemal nicht in einem Jahr umsetzen – und mancher Sache täte weniger Hast und Eile gut!“
Selbst Dirk Gemünden fand lt. Presseartikel die Verzögerungen beim HBB-Projekt durch die BürgerInitiative letztendlich produktiv: Die Version des gerade übergebenen Bauantrages sei wesentlich besser geworden. Dennoch: Die FWG ist weiterhin nicht von der Dimension des Einkaufs-Zentrums auf dem Filetstück überzeugt – ein HdJ Abriss ist somit unnötig. Aber wir werden nach Kräften daran mitarbeiten, die weitere städtebauliche Entwicklung der Stadtmitte konstruktiv zu beeinflussen.
Die FWG stimmt dem HH 2010 in der vorgelegten und heute ergänzten Form zu.
Klaus Hüttemann für die FWG