Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Beigeordnete und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,
sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,
verehrte Ratskolleginnen und –kollegen !
Es gilt das gesprochene Wort! |
Die heutige Stadtratssitzung gilt dem kritischen Rückblick auf das vergangene Jahr und einem Ausblick auf 2018. Diese Gelegenheit wollen wir im Rahmen der HH-Reden wahrnehmen, auch wenn man angesichts der mehr als komfortablen Finanzlage und eines neuen Rekordhaushaltes denken könnte: Alles ist gut, und so wird es auch weitergehen.
Wir haben in unserer Stadt viele „Baustellen“, d.h. Themen und Projekte; mit Blick auf die verabredete Redezeit kann ich nur einige davon streifen.
Das Jahr 2017 ist das Jahr der Fertigstellung großer Projekte:
Das Stadtbild hat sich mit der Fertigstellung des Neuen Marktes entscheidend verändert. Wir haben erreicht, was angestrebt worden ist: ein Hotel in der Stadtmitte, in unmittelbarer Nähe zum neuen Weiterbildungszentrum, das im April in Betrieb genommen wurde.
Zur Kulturhalle gibt es in der FWG Zustimmung, aber auch noch Skepsis. Wir nehmen durchaus den Anfangserfolg wahr und drücken die Daumen, dass es so weitergeht. Allerdings sehen wir auch die hohen Aufwendungen und Folgekosten. Gefährlich wäre hier ein Verdrängungswettbewerb, der kleineren Initiativen auf Dauer den Atem nimmt; ihnen muss die Möglichkeit erhalten bleiben, das kulturelle Leben mitzugestalten.
Es kann eigentlich nicht sein, dass wir auf der einen Seite das Füllhorn für Unterhaltungsmöglichkeiten öffnen und andererseits Vereine in Schwierigkeiten kommen, die ganz vitale Bedürfnisse der Gesamtbevölkerung abdecken. Auf diesen Aspekt komme ich an anderer Stelle noch einmal zurück.
Die neue Stadtbücherei/ Mediathek sehen wir als ein wirklich gelungenes Beispiel moderner Architektur; besonders die Fassadenbepflanzung ist ein grüner Lichtblick. Wir sind gespannt, wie das ganze Ensemble nach der Fertigstellung des Platzes aussehen wird.
Die Modernisierung des Winzerkellers nimmt Gestalt an; das wird nun auch von außen sichtbar. Der Winzerkeller liegt der FWG besonders am Herzen. Wir sehen in ihm ein Projekt für den Stadtteil Nieder-Ingelheim und seine Bürgerinnen und Bürger, den zukünftigen Treffpunkt und Ort, wo Geselligkeit gepflegt werden kann. Eine Gelingensbedingung ist allerdings eine zufriedenstellende Parkplatzsituation; hier muss sich sobald wie möglich etwas tun.
In elf Workshops wurde in den vergangenen zwei Jahren am Konzept eines modernen ÖPNV gearbeitet und wir sind mit der Mobilitätsstation einen großen Schritt weitergekommen. Es fiel und fällt uns schwer, zu akzeptieren, dass eine (radikale) Umstellung des ÖPNV auf E-Mobilität oder gar Wasserstoff angetriebene Busse zum jetzigen Zeitpunkt nicht durchsetzbar ist. Wir hoffen allerdings, dass es nicht bei dem jetzt beschlossenen ersten Schritt - zwei E-Busse einzusetzen – bleibt, sondern dass wir tatsächlich sukzessive auf alternative Antriebe umstellen und die notwendige Infrastruktur aufbauen. Nur so können wir unser Ziel der CO2-Neutralität auch tatsächlich schaffen.
Stadtentwicklung und Lavendelkreisel
Die Planungen für das Projekt Lavendelkreisel schreiten fort. Nach Auffassung der FWG widerspricht die massive Bauweise in diesem Gebiet den Vorstellungen vieler Bürgerinnen und Bürger. Sie würden eine kleinteiligere Bauweise vorziehen; zumal der Gebäuderiegel in der Bahnhofstraße die Straße noch schmaler erscheinen lassen wird. Der kleine Park mit hohen alten Bäumen wird durch eine, wie es uns erscheinen will, Alibi-Grünfläche mit zwei kleinen Bäumen ersetzt. Dabei wäre diese Grünanlage durch die steigende Zahl der Bewohner in diesem Bereich besonders erhaltenswert.
An dieser Stelle mahnt die FWG ein Gesamtkonzept für die weitere Entwicklung der Innenstadt - auch im Bereich der Binger Straße - an. Wir müssen uns darüber Gedanken machen, wie unsere Stadt in Zukunft aussehen soll. Wollen wir, dass sukzessive die aufgelockerte Struktur der unterschiedlichen Fassaden, die jetzt noch an verschiedenen Stellen anzutreffen ist, durchweg durch die jetzt „moderne“ quadratische Kubatur ersetzt wird? Wohnraum zu schaffen ist uns wichtig, aber wir dürfen andere ebenso wichtige Aspekte nicht aus den Augen verlieren: Klimaschutz, Stadtbegrünung, Parkraum, Fahrradwege, Fussgängerzonen müssen endlich einen adäquaten Stellenwert erhalten. Wir fordern an dieser Stelle mehr Transparenz, offene Diskussion und Beteiligung.
Projekt saubere Stadt
Wir begrüßen die Initiative, die Präsenz von Ordnungsdiensten an den neuen Plätzen zu verstärken. Die Entwicklung der „erweiterten neuen Mitte“ und der Plätze hat uns viel Geld gekostet. Klare Regeln, wie wir uns das Zusammenleben wünschen, dürfen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern ihre Einhaltung muss umgesetzt werden.
Projekt Familienwiese in Frei-Weinheim Die FWG ist gegen das Projekt Familienwiese. Unsere Haltung stellt keineswegs eine Missachtung des Bürgerwillens dar. Wir sind der Meinung, dass die Rheinwiese keine Weiterentwicklung benötigt. Es gibt so wenige freie Flächen, wo der Besucher sein Auge schweifen lassen kann. Belassen wir es dabei.
Die FWG begrüßt den Erhalt des Krankenhauses und stimmt der langfristigen Sicherung eines Krankenhauses für unsere Stadt zu.
Blick nach vorne : Ausblick auf 2018 – Zukunftsaufgaben
Ingelheim - will eine lebenswerte Stadt sein
Die weitere Stadtentwicklung - das Thema „bezahlbarer Wohnraum“ - halten wir für eine zentrale Aufgabe für das Jahr 2018 und darüber hinaus. Allerdings darf die Betrachtung der Verkehrsentwicklung vom Thema Stadtentwicklung nicht abgekoppelt werden.
Digitalisierung
Wie wichtig die Verbesserung der Breitband-Infrastruktur für die Wirtschaftsentwicklung ist, konnten wir uns am Wirtschaftstag Ende November vor Augen führen lassen. Die moderne Welt und damit die Digitalisierung machen auch vor der Grundschule nicht halt. Die Kinder wachsen in diese Welt hinein. Kulturtechniken zu vermitteln ist weiterhin vorrangiges Lernziel, aber das Lernen in der digitalen Welt mit ihren Angeboten und auch Gefahren zurechtzukommen ist ebenso Aufgabe der Schule. Die Grundschulen entsprechend auszustatten ist unsere Aufgabe.
Integration der Flüchtlinge
Um die Flüchtlinge ist es im Verkauf den Jahres 2017 etwas still geworden, was aber nicht bedeutet, dass es im Bereich Integration nichts mehr zu tun gäbe. In Ingelheim wird hervorragende Arbeit geleistet, und allen die daran beteiligt sind, hauptamtlich oder im Ehrenamt, sei an dieser Stelle sehr herzlich gedankt.
Integration, den Willen dazu immer vorausgesetzt, ist zur Daueraufgabe geworden; wir begrüßen daher die Initiative zur Weiterentwicklung des Konzeptes!
Zukunftsaufgabe: Die Schwachen im Auge behalten
Bei aller Begeisterung für das Angebot der neuen Kulturhalle dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, dass es auch in unserer Stadt Menschen gibt, die davon nicht Gebrauch machen können, weil sie es sich finanziell nicht leisten können.
Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass wir einerseits bereit sind, für unser Prestigeprojekt kING jede finanzielle Anstrengung zu unternehmen, um es zu stützen, andererseits jeden Euro umdrehen, wenn es um die Schwächeren und Bedürftigen in unserer Gesellschaft geht.
Gesundheitsfürsorge – Aufgaben der Vereine:
Dies führt mich zu einem weiteren Punkt:
Der Aufgabe, auch für die Menschen in unserer Stadt, die mit einem schmalen Budget zurecht kommen müssen, ein Angebot vorzuhalten: im kulturellen Sektor und im Bereich der Prävention und der allgemeinen Bewegungs- und Gesundheitsförderung.
Die Vereine halten dieses Angebot vor, wünschen sich aber, dass Bewegungs- und Gesundheitsförderung stärker unterstützt wird.
Im übrigen ist auch hier hohe Qualität gefragt, und diese kostet Geld.
Wenn den Sportvereinen nur wenige Einnahmequellen wegbrechen, kommen sie an die Grenzen ihres Geschäftsmodells. Darüber müssen wir uns 2018 dringend Gedanken machen.
Ähnliches gilt für die Schwimmbaderweiterung. Es ist schwimmbegeisterten Bürgerinnen und Bürgern nur schwer zu vermitteln, dass angesichts unserer Möglichkeiten bisher versäumt wurde, in dieser Stadt ein 50m-Sportbecken zu realisieren. Zur Not muss die Stadt hier selbst initiativ werden. Es ist, angesichts des neuen Haushaltes, nicht hinnehmbar, dass hier die ökonomische Seite das entscheidende Argument sein soll. Schwimmen bedeutet mehr als Spaßbaden, für viele – gerade ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger - ist es vitale Daseinsfürsorge. Dafür muss eine Kommune einstehen, und sei es, dass Gelder umgeschichtet werden müssen.
Fusion mit Heidesheim/ Wackernheim
Letzter Punkt : Was die Eingemeindung der Verbandsgemeinde betrifft, geht es in 2018 um die weitere Ausgestaltung: Wie nun ganz konkret Bürgerbüros in den beiden zukünftigen Stadtteilen realsisert werden, muss in den kommenden Monaten verhandelt werden. Sensibilität ist angesagt, aber auch Bereitschaft, gewohnte Abläufe zu überdenken.
Schlussbemerkung
Kürzlich las ich in einer renommierten Tageszeitung ein Zitat von Navid Kermani (Schriftsteller/ Journalist ): „Kommunalpolitiker sind die Frontkämpfer der Demokratie“ und es sei etwas Großes, dass sich Frauen und Männer „mit aller Kraft reinhängen“. Das klingt nun vielleicht etwas nach Eigenlob, aber ich denke, es gilt für uns alle - daher: Lassen Sie uns weiter „reinhängen“ und uns für die Belange unserer Bürgerinnen und Bürger einsetzen.
In diesem Sinne wünschen wir uns auch für das Jahr 2018
- gute politischen Zusammenarbeit,
- wirtschaftliche Entwicklung mit Augenmaß,
- Toleranz und engagiertes Miteinander !
Abschluss
Sehr herzlich danken wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die geleistete Arbeit und die Unterstützung.
Die FWG stimmt dem Haushalt 2018 zu.
Christiane Bull /FWG-Fraktion, 11.12.2017