Stellungnahme der FWG/BLH-Fraktion im Ingelheimer Stadtrat zur Übernahme der Trägerschaft des Krankenhauses durch die Stadt Ingelheim
Die mehrheitliche Entscheidung des Stadtrats zur Übernahme der Trägerschaft des Ingelheimer Krankenhauses beschäftigt die Fraktionsgemeinschaft der FWG/BLH weiterhin. Sie wirft die Frage auf, wie es so schnell nach dem Scheitern der Universitätsmedizin wiederum zum Scheitern der
Care7-Klinik gekommen ist.
Das Konzept des einzigen Bieters im Insolvenzverfahren, das den Stadträten im Oktober 2019 präsentiert wurde, ist gar nicht erst angegangen worden.
Auch erwies sich die Bonität des Investors als Trugschluss.
Erst Mitte März wurden die Liquiditätsengpässe der Klinik den Stadträten offenbart. Binnen kürzester Zeit mussten 2,5 Millionen Euro an Darlehen seitens der Stadt gegeben und besichert werden, um die finanziellen Löcher zu stopfen. Denn alle Stadträte waren sich im März einig: Eine Klinik darf in Corona-Zeiten keinesfalls geschlossen werden.
Neben der Möglichkeit der Übernahme der Trägerschaft des Krankenhauses wurde nach einem Konzept und möglichen Partnern zum Aufbau eines Medizinischen Versorgungszentrums bzw. Intersektoralen Gesundheitszentrums gesucht. Finanziell gesehen, mit guten Rücklagen, kein Problem. Doch müssen Führungskräfte mit kaufmännischem und medizinischem Wissen vorhanden sein, die Leitungsfunktionen übernehmen und die Klinik zuverlässig und wirtschaftlich führen können.
Das vorliegende Konzept sieht den Betrieb des Krankenhauses solange vor, bis ein Neubau in der Neisser Straße entsteht, in den das Intersektorale Gesundheitszentrum einziehen kann. Bis dahin muss das alte Krankenhaus teilsaniert werden, damit der intersektorale Klinikbetrieb anlaufen kann.
Die Grund- und Regelversorgung endet jedoch zum Jahresende, sodass ab 2021 Intensivbetten und Notambulanz nicht mehr vor Ort sein werden. Die Ingelheimer Bevölkerung wird dann die Leistungen in ihrem Krankenhaus in gewohntem Umfang nicht mehr abrufen können.
Wir rechnen, äußert sich Fraktionssprecherin Sybille Vogt, bis Jahresende mit einer Investitions-Summe von ca. 8,7 Millionen Euro, inklusive des bereits gewährten Darlehens und einem Sanierungsaufwand von nur einer Million in das alte Gebäude.
Die gesundheitliche Fürsorgepflicht haben Land und Kreis. Die Übernahme der Trägerschaft und der Aufbau einer neuen Klinik ist somit eine freiwillige Leistung. Viele Fragen sind bis zur Stadtratsentscheidung offengeblieben, zu
wenige Gespräche sind mit potentiellen Partnern vor Ort geführt worden. Mit heißer Nadel wurden Konzepte den Zahlen angepasst oder umgekehrt. Ein Partner mit überzeugendem Konzept, konnte auf die Schnelle nicht gefunden werden.
Drei Mitglieder unserer fünf-köpfigen FWG/BLH-Fraktion hielten aufgrund der günstigen Finanzlage, dem Erhalt des Planbettenbescheids und der Bereitschaft einiger niedergelassenen Ingelheimer Ärzte zur Mitarbeit, die Entscheidung für den Neustart der Klinik für vertretbar.
Große Hoffnungen für die Ingelheimer Bevölkerung werden in das Gelingen des Vorhabens gesetzt. In Zusammenarbeit mit Ingelheimer niedergelassenen Ärzten und Ärzten aus der Region muss nun innerhalb weniger Monate ein tragfähiges wirtschaftliches Konzept seitens des Oberbürgermeisters vorgelegt werden.
Ein Fass ohne Boden darf die Klinik Ingelheim nicht werden. Mit Steuergeldern muss sorgsam umgegangen werden, sind die Speicher auch gut gefüllt. Sollte das Vorhaben scheitern, müssen alle Versprechungen des zuständigen Ministeriums des Landes eingehalten werden.
Die FWG/BLH-Fraktion wird die Entwicklung konstruktiv und kritisch begleiten und sieht der Bestandsaufnahme für weitere Entscheidungen bis Jahresende entgegen.