Die Beigeordnete Ingelheim am Rhein
Fraktionsgemeinschaft im Stadtrat
BLH und FWG
Frau Sybille Vogt
Bornstraße 6
55263 Ingelheim-Wackernheim Ingelheim, 13. 06. 2022
Anfrage vom 09.06.2022 betreffend den Katastrophenschutz/Warnsysteme
Sehr geehrte Frau Vogt,
die in Kopie beigefügte Anfrage wird wie folgt beantwortet:
Zu Frage 1:
Hinsichtlich von Naturereignissen wie beispielsweise Rhein-Hochwasser, Starkregen, Waldbrand und großflächiger Stromausfall bestehen entsprechende Alarm- und Einsatzplanungen, die regelmäßig fortgeschrieben und mit der für den Katastrophenschutz zuständigen Kreisverwaltung des Landkreises Mainz-Bingen abgestimmt werden.
Hinsichtlich der Ausstattung der Feuerwehr Ingelheim mittels Fahrzeugen und Sonderausrüstungen zur Bewältigung solcher Ereignisse kann grundsätzlich auf das bestehende Fahrzeugkonzept 2030 verwiesen werden. Insbesondere unter weiterer Anpassung an die veränderten klimatischen Bedingungen sowie an die Erkenntnisse aus der Ahrtal-Katastrophe, wird dieses Konzept fortgeschrieben und befindet sich derzeit in einer Anpassungsphase. Dies drückt sich im Besonderen an der Haushaltsplanung 2022 (sechs Flachwasserboote zur Evakuierung und Bestreifung von Überflutungsgebieten sowie Ersatzbeschaffung von Schmutzwasserpumpen) und 2023 (Sandsackfüllmaschine) aus.
In Ingelheim ist zudem eine leistungsfähige Hochwasserpumpe aus dem Landesmaterial Hochwasser des Landes Rheinland-Pfalz stationiert. Diese steht jedoch auch im Besonderen der überörtlichen bzw. landesweiten Katastrophenhilfe zur Verfügung.
Darüber hinaus besteht in Sporkenheim die Hochwasserschutzgemeinschaft Sporkenheim, eine ehrenamtliche Gruppierung einzelner Bewohner Sporkenheims, welche im Hochwasserfalle die Kontrolle und Begehung des dortigen Deiches übernimmt. Zudem ist seitens der Feuerwehr die Einheit Wackernheim zur Ergreifung von Hochwasserschutzmaßnahmen entlang des Deiches eingeplant.
Aktuell wird ein städtisches Hochwasser- und Starkregenvorsorgekonzept erarbeitet. Die Federführung liegt hierbei bei Amt 60, Abteilung Tiefbau. Die zu erwartenden Ergebnisse dieses Konzeptes werden hautsächlich planerischen und vorbeugenden Charakter haben und voraussichtlich nur sehr viel weniger Auswirkungen auf die (nach Eintritt des Ereignisses) zu leistenden Gefahrenabwehr-Maßnahmen. Zur Verhinderung bzw. Minderung von Auswirkungen von Starkregenereignissen ist die Notwendigkeit städteplanerischer Maßnahmen in Form von Regenrückhaltebecken/Auffangbecken zu prüfen.
Für außerordentliche Ereignisse aller Art innerhalb der Stadt Ingelheim hält die Stadtverwaltung Ingelheim einen Verwaltungsstab für außergewöhnliche Ereignisse mit Krisenpotential (Krisenstab) vor.
Zu Frage 2:
Auch für den großflächigen Stromausfall gibt es Vorplanungen hinsichtlich organisationsinterner Maßnahmen der Feuerwehr.
Durch die Feuerwehr ist die Etablierung sog. Notfallleuchttürme, möglichst jeweils einer pro Stadtteil, angeregt worden. Hierunter sind Anlaufstellen zu verstehen, welche im Bedarfsfall entsprechend besetzt und wo der Bevölkerung Informationen zur Verfügung gestellt werden. Die Bürger können dort Ansprechpartner antreffen und Anliegen vortragen sowie ggf. notwendiger Körperhygiene nachkommen. Ebenso dienen die Notfallleuchttürme als Aufwärmstation in Frostperioden. Hier gilt es nach Auffassung und Empfehlung der Feuerwehr in den kommenden Jahren weitere Räumlichkeiten und Strukturen zu etablieren.
Darüber hinaus gibt es im Bereich der „Hilfe zur Selbsthilfe" entsprechende Informationsbroschüren des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), wie man sich als Bürger beispielsweise durch Bevorratung und/oder Bereithaltung technischer Hilfsmittel auf einen Stromausfall vorbereiten kann.
Zu Frage 3:
Diese Aufgabe erfordert eine zielgruppenspezifische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Im Stadtgebiet Ingelheim werden durch die Feuerwehr quartalsweise regelmäßig Sirenenproben durchgeführt und im Vorfeld eine Presseinformation herausgegeben. So wurde im Vorfeld der letzten Sirenenüberprüfung auch eine ukrainische Übersetzung der Pressemitteilung veröffentlicht. Weiterhin beteiligt sich die Feuerwehr Ingelheim am bundesweiten Warntag, der in diesem Jahr im Dezember stattfinden wird, und beprobt in diesem Zuge alle derzeit gültigen Warnsignale.
Auf der Homepage der Feuerwehr Ingelheim sind ausführliche Informationen des BBK (s. Frage 2) unter httP5://www.feuerwehr-ingelheim.de/notfalltipps/handlungsempfehlungen-im-notfall/ verlinkt. Auf der verlinkten BBK-Seite finden Sie unter anderem einen Ratgeber für Notfallvorsorge und
richtiges Handeln in Notsituationen, Tipps zur Vorsorge und Verhalten bei Hochwasser, Informationen zur Ausrufung der Frühwarnstufe des Notfallplans Gas und aktuelle Warnmeldungen in der Übersicht. Es ist beabsichtigt, die Informationen und Handlungsempfehlungen des BBK auf der städtischen Homepage zu verlinken bzw. zu veröffentlichen.
Zu Frage 4:
Die Herrichtung von Schutzräumen ist keine Aufgabe des Katastrophen-, sondern des Zivilschutzes und liegt auf Bundes- bzw. Landesebene. Für konkrete Bauvorhaben innerhalb der Stadt Ingelheim teilt das Amt für Bauen und Planen mit, dass die politischen Gremien bei Neubauvorhaben wie z.B. dem teilweisen Neubau der Präsident-Mohr-Grundschule keine Schutzräume vorgesehen haben. Bei den aktuellen Bauvorhaben sind Schutzräume bisher weder planerisch geprüft, noch im Budget vorgesehen.
Das BBK hat die Konzepte und Programme von Schutzbauwerken im Wandel der Zeit sehr gut zusammengefasst: "Die ersten Schutzbauwerke wurden in Deutschland als Luftschutzanlagen in Form von Hoch- und Tiefbunkern während des Zweiten Weltkriegs errichtet, um die Bevölkerung vor Kriegseinwirkungen zu schützen. Nach dem Krieg wurden einige Bunkeranlagen gesprengt oder geschleift, andere dienten jahrelang noch als Wohnraum. Nach 1963 wurde, geprägt durch die Kuba- Krise, ein Instandsetzungsprogramm für die noch existierenden Bunkeranlagen ins Leben gerufen. Die Anlagen wurden mit für die damalige Zeit modernster Technik ausgestattet. Aufgrund der enormen Errichtungs- und Folgekosten dieser zum Teil aufwändigen Technik sowie der beginnenden wirtschaftlichen Rezession, lief das Instandsetzungsprogramm mit dem Haushaltssicherungsgesetz von 1967 aus. Die Folge war eine deutliche Reduzierung der fachlichen und damit auch technischen Anforderungen (Aufenthalt bis etwa 10 Stunden im Grundschutz - einfache Technik), die zu einer erheblichen Kostensenkung führte, so dass die zivilschutzmäßige Herrichtung von weiteren annähernd 300 Bunkeranlagen auf Grundlage des Nutzbarmachungsprogramms 1977 umgesetzt werden konnte. [...] Die Errichtung von Schutzräumen als Mehrzweckanlagen (Tiefgaragen, Bahnhöfe) wurde vom Bundesinnenministerium finanziert und anschließend von den Oberfinanzdirektionen (Bundesvermögensverwaltung) und den nachgeordneten Bauämtern durchgeführt. Die Vorgängerbehörde des BBK - das Bundesamt für Zivilschutz - war für die Feststellung der zivilschutztaktischen Eignung und die baulich-technische Zulassung von Schutzraumeinbauteilen zuständig. Anfang der 1990er Jahre wurde das Nutzbarmachungsprogramm für Bunker und Stollen sowie die anderen Schutzbauprogramme aufgrund der weltweiten Entspannung eingestellt. [...] In der Folge wurden bereits zahlreiche Bunker aus der sog. Zivilschutzbindung entlassen (entwidmet) und konnten somit vom jeweiligen Eigentümer ohne Zivilschutzauflagen verändert, das heißt veräußert und/oder umgebaut werden. Nach den Terroranschlägen in den USA im September 2001 und dem Elbehochwasser in 2002 wurde der Zivilschutz im Rahmen einer zwischen Bund und Ländern vereinbarten „Neuen Strategie zum Schutz der Bevölkerung" auf moderne Bedrohungsszenarien ausgerichtet. Die aktuelle Gefährdungslage durch Naturkatastrophen, Klimawandel und Terrorismus erfordert ein Umdenken auch im Bereich baulicher Bevölkerungsschutz. Die Bundesregierung entschied daher in 2007 im Einvernehmen mit den Ländern, den öffentlichen Schutzraumbau aufzugeben." (Quelle: https://www.bbk.bund.de/DE/Themen/Risikomanagement/Baulicher- Bevoelkerungsschutz/Schutzbauwerke/schutzbauwerke node.html).
Mit greundlichen Grüßen
in Vertretung
Dr. Christiane Döll