Haushaltsplan 2023
Sehr geehrter Stadtvorstand, liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
Einbruch der Gewerbesteuer
Die in vielen Haushaltsreden der Vorjahre skizzierte Situation ist nun eingetreten.
Unsere Gewerbesteuereinnahmen werden, so die Prognose, in diesem Jahr um 50 Mio Euro und in den Folgejahren um jeweils 10 Mio Euro abschmelzen.
Ein weiter - wie bisher - ist bei der Disposition unserer Ausgaben und Investitionen nicht möglich. Spätestens 2027 wären unsere Reserven von 280 Mio Euro durch die anhaltend unausgeglichenen Ergebnishaushalte und die Investitionen in gewohnter Großzügikeit, aufgebraucht.
Als uns die Nachricht des Gewerbesteuereinbruchs erreichte, war der Haushaltsentwurf der Verwaltung bereits in den Ausschüssen diskutiert, kleine Verschiebungen, wie die Erhöhung der Mittel für die Stadtteil-Kerben, eingearbeitet. Weitere Anträge zum Haushalt, darauf hatten wir uns in der Kooperation verständigt, wollten wir nicht stellen. Um der Verwaltung Luft zur Aufarbeitung der bereits priorisierten Aufgaben zu verschaffen.
Umgang mit dem Haushaltsplan
Heute stimmen wir über den von der Verwaltung eingebrachten Entwurf ab.
Ob wir alle tatsächlich einen Plan vom Haushaltsplan 2023 haben, bezweifeln wir.
Wir ändern die Abfolge. Der Haushalt wird der ADD zur Genehmigung vorgelegt und erst im Anschluss entscheiden wir mittels Statuslisten und Ampelschaltung, welche Projekte umgesetzt und welche Ausgaben getätigt werden.
Diese Vorgehensweise entspricht nicht den Haushaltsgrundsätzen von Klarheit und Wahrheit.
Wie werden Bürgerinnen und Bürger oder Vereine verstehen können, wie die Umsetzung des Planes erfolgt. Warum sind Zuschüsse und Projekte auf rot, gelb oder grün geschaltet? Welche Diskussionen werden in den Gremien nötig sein, damit sich die Farbe ändert?
Wie gehen die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung mit der oft zitierten Selbstverpflichtung um? Sind hier nicht mehr Abstimmungen untereinander die Folge?
Wir ahnen es bereits – die nächsten Monate werden arbeitsintensiv.
Dass der Zeitpunkt der Haushaltskonsolidierung der richtige ist, steht dabei außer Frage.
Ansprüche zurückschrauben
Unsere Devise lautet nun: Zurückschrauben der Ansprüche auf Normalmaß.
Die Zeiten der Wohltaten mittels Gießkanne an alle Einkommensgruppen sind vorbei, wohl dosiert müssen die Finanzmittel künftig eingesetzt werden. Sparsamkeit und Maßhalten, hat für FWG/BLH auch etwas Gutes.
Die Besinnung auf wesentliche Projekte, die bewusste Abgrenzung der Pflichtausgaben von freiwilligen Leistungen.
Das heißt nicht, dass geplante Projekte mit größeren Volumen gänzlich gestrichen werden müssen. Das Reduzieren von Budgets bei Investitionen ist eine gute Maßnahme um Kreativität zu fördern. Durchaus können Projekte auch mit weniger Geld gestemmt werden, das wirkt sich gleichermaßen auf den späteren Instandhaltungsaufwand aus. Unsere Standards müssen sinken. Eine Luxuslimousine ist in Anschaffung und Unterhalt eben auch teurer als ein Mittelklasse-Wagen.
Beispiele aus dem diesjährigen Haushaltsplan gibt es:
Die Spielleitplanung in Heidesheim zur Schaffung von Spiel- und Freizeitflächen für Kinder und Jugendliche wird durch den konkreten Ankauf einer Fläche ersetzt. Zusammen mit den Jugendlichen wird das Gelände umgestaltet. Das spart Zeit, Personaleinsatz und Geld und schafft Identität bei den Mitwirkenden.
Auch die geförderten Investitionen im Hochbau gehören auf den Prüfstand des Standards in der Ausführung. Land und Stadt profitieren gleichermaßen von der Reduzierung der Kosten, Fördergelder sind auch Steuergelder.
Verbesserung der Einnahmensituation
Neben der Reduzierung der Ausgaben muss die Einnahmensituation betrachtet werden. Die Höhe der Hebesätze der Steuereinnahmen ist eine Stellschraube, die Ansiedlung neuer Gewerbetriebe eine weitere. Ingelheim ist ein attraktiver Standort, der mit dem nötigen Elan gut zu vermarkten ist. Freie Flächen stehen an der Neisser-Straße, Konrad-Adenauer-Straße oder dem Ingelheimer Gelände auf dem Layenhof zur Verfügung. Weitere Möglichkeiten bietet das ehemalige Krankenhaus, als ideales Gebäude für ein Gründer-Zentrum. Die Kombination von Wohnen und Arbeiten in unmittelbarer Nachbarschaft zu Kita und Grundschule liegt auf der Hand, ein guter Ort zur Ansiedlung junger Familien bei Vergabe städtischen Eigentums durch Verkauf oder Erbpacht im bewährten Punktesystem.
Trotz der Kritik der Verfahrensweise mit dem diesjährigen Haushaltsplan werden wir zustimmen. Für unser künftiges Handeln brauchen wir verlässliche Zahlen der Ausnutzung der Budgets der vergangenen Jahre. Die Fertigstellung der Jahresabschlüsse seit 2017 ist inzwischen von allen Fraktionen angemahnt. Weiterhin wünschen wir uns bei Großprojekten (wie dem Rathaus) eine monatliche Informationsvorlage über die Kostenentwicklung im Haupt- und Finanzausschuss.
Die Haushaltskonsolidierung werden wir nur zusammen schaffen, mit dem Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, für das wir schon heute danken.
Der Prozess bietet uns die Chance neue Wege zu finden, gerne werden wir uns mit kreativen und konstruktiven Vorschlägen einbringen.
Sybille Vogt