Stadtratssitzung am 18.12.2023 / zum Haushaltsplan 2024
(es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir haben kein Einnahmen - sondern ein Ausgabenproblem -
ein häufig zitierter Satz der letzten Wochen, der auch auf unsere Stadt zutrifft.
Die Ursachen für unser Haushaltsproblem sind im Text des Haushaltskonsolidierungskonzeptes hinreichend beschrieben. Während unsere Ausgaben durch die Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleich steigen, werden andere Kommunen und Landkreise profitieren. Die Umverteilung der Einnahmen finanzstarker Gebietskörperschaften empfinden wir als eine gerechte Vorgehensweise. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Berechnungsgrundlagen allen gerecht werden.
Wir leben vergleichsweise in einer Stadt und Region, die von Wohlstand geprägt ist, auch wenn wir künftig den Gürtel enger schnallen müssen.
Die Hausshaltsprognosen der nächsten Jahre weisen Defizite aus, die wir insbesondere aus der Verantwortung für folgende Generationen ausgleichen müssen. Wir sind in der glücklichen Lage, Handeln zu können.
Meine Fraktion ist dankbar für die Arbeitsgruppe Haushaltskonsolidierung und der externen Begleitung, die uns in vielen Bereichen den Spiegel vorgehalten hat. Die meisten anderen Kommunen können mit unseren freiwilligen Wohltaten nicht mithalten.
Mit Elan haben wir an den zu beeinflussenden Stellschrauben gedreht und sowohl Einnahmen-Verbesserungen als auch Ausgabenminderungen erreicht.
Die Richtung für die nächsten Jahre ist vorgegeben, die Leitplanken sind gesetzt. Bei allen Hochrechnungen für die nächsten Jahre gibt es Faktoren, die wir nicht beeinflussen können, sei es die Höhe der Kreisumlage oder das tatsächliche Gewerbesteueraufkommen.
Eine Konsolidierung gelingt, wenn alle Beteiligten sich an das Verabredete halten.
Stadtverwaltung und Stadtratsfraktionen, alle stadtnahen Gesellschaften (und deren Aufsichtsräte) kommen mit gekürzten Budgets aus.
Innerhalb der Haushaltsansätze werden Überschreitungen in Einzelprojekten zukünftig kompensiert. Ein weiteres Ausufern wie bei der Modernisierung und Erweiterung des Rathauses wird von FWG/BLH nicht toleriert. Trotz unseres ständigen Hinterfragens der Kostensituation bereits in 2022, ist dem Stadtrat die Tragweite der Kosten-Steigerung erst im Sommer dieses Jahres offenbart worden.
Die Umsetzung aller Vorhaben, die für die nächsten Jahre im Raum stehen, würde unsere Rücklagen erheblich abschmelzen. Priorisierung, Abwägung und die Suche nach alternativen Lösungen rücken in den Vordergrund. Folgekostenberechnungen sind Grundlage für Entscheidungen. Investitionen, wie die umzusetzenden Maßnahmen aus der Kommunalen Wärmeplanung oder die Schaffung von Kita- und Grundschulplätzen aus der geplanten Bautätigkeit der WBI z.B. in Heidesheim, sind in der Aufgabenliste bisher nicht enthalten. FWG/BLH werden darauf achten, dass bei der Schaffung neuer Wohnungen und Quartiere die Infrastruktur mitwächst und Spiel-, Freizeit- und Grünflächen ausreichend mitgeplant werden.
Einsparpotentiale sehen wir durch Umdenken:
Vorhandene Infrastruktur wird durch unterschiedliche Belegung ausgelastet. FWG/BLH befürworten den Bürgertreff für Nieder-Ingelheim im modernisierten Museum oder im Café des Kunstforums. So wird monatelanger Leerstand vermieden, Räumlichkeiten mit Einrichtung und Außenplätzen sind schon vorhanden.
Mehrfachnutzung dient dem sparsamen Umgang mit Ressourcen.
Die Umnutzung des Krankenhauses ist ein weiteres gutes Beispiel mit Potential für eine wegweisende Mischnutzung. (Wohnen, Arbeiten und Kita unter einem Dach).
Trotz der Haushaltskonsolidierung werden wir den Bürgerinnen und Bürgern weiterhin einen überdurchschnittlichen Standard bieten. Viele fragen sich bereits, von welchen Streichungen sie betroffen sind.
WBI wird auch künftig Wohnungen mit Mieten unter Markniveau bauen, das Sport- und Freizeitangebot durch Vereine und Initiativen wird ebenfalls unterstützt, um nur einige Beispiele zu nennen.
Die ärztliche Versorgung in unserer Stadt wird zunehmend zum Patienten. Nach der Streichung der Notarztstelle in der Nacht, wird nun auch die Ärztliche Bereitschaftspraxis zum Jahresende geschlossen. Die Zukunft unserer Hausarztpraxen müssen wir schon heute in den Fokus nehmen. Viele unserer Hausärzte gehen in den nächsten 5-10 Jahren in den Ruhestand.
Mit den Konzepten für ein ärztliches Versorgungszentrum können wir nicht länger warten.
Der größte Supermarkt in unserer Stadt wechselt den Eigentümer. Jetzt besteht die Chance über eine PV-Parkplatzüberdachung und Dachflächen-PV-Anlage im Pachtverhältnis zu verhandeln. FWG/BLH wird keine wertvollen Ackerflächen für eine Freiflächen-PV-Anlage opfern, es gibt genügend versigelte Flächen oder andere Alternativen.
Die Gewerbetreibenden im Eingangsbereich des Marktes sollen eine neue Bleibe oder eine Zwischennutzung durch unsere Wirtschaftsförderung angeboten bekommen. Plätze für vorübergehende Containeraufstellung sind vorhanden.
Durch die personelle Aufstockung der Wirtschaftsförderung erwartet meine Fraktion eine stärkere Unterstützung bei den Belangen der Ortsteile.
Das sich neigende Jahr hat uns allen viele Aufgaben gestellt.
Für das neue wünschen wir uns:
Dass die Organisationsanalyse der Verwaltung bald beendet ist und das Ergebnis zu einer Verschlankung der Arbeits-Prozesse führt und damit zur Entlastung des Personals.
Dass die fortschreitende Digitalisierung die tägliche Arbeit der Mitarbeitenden erleichtert. Und die neuen Arbeitswelten zu Motivation führen.
Dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dem Umzug ins neue/alte Rathaus mit Freude entgegensehen.
Im Handeln des Oberbürgermeisters wünschen wir uns mehr Transparenz. Der Eigenbetrieb Sportstätten Im Blumengarten ist ein Beispiel dafür, dass Sachverhalte lange bekannt aber nicht besprochen werden.
Wir wünschen uns, dass die Antworten auf unsere Anfragen umfänglich und rechtzeitig zur Verfügung stehen.
Dass unsere Anträge zeitnah umgesetzt und nicht verschleppt werden. (Siehe Grünsatzung und Einrichtung des Gestaltungsbeirates.)
Zur Demokratie gehört auch, Mehrheitsbeschlüsse des Stadtrates umzusetzen und den Personalmangel nicht nur bei Kooperations-Anträgen als Begründung zu bemühen.
Im Gegenzug dazu bieten FWG/BLH weiterhin Freude am Gestalten und Entwickeln unserer Stadt und Neugierde auf Herausforderungen und Lösungen bei Fragen der Klimaneutralität und Klimaresilienz.
Wir hoffen in 2024 auf die gewohnt gute Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und danken dem Stadtvorstand für sein Engagement.
Wir werden dem Haushalt unter dem Vorbehalt der Klärung der Zuordnung der Sportstätten Im Blumengarten zustimmen.
Fröhliche und friedvolle Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr.
Sybille Vogt, Fraktionssprecherin im Stadtrat Ingelheim