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Briefwechsel zwischen Frau Sobotta und FWG-Vorstand zum Thema Kulturhalle

25. Juni 2013
Schreiben von Heike Sobotta an die FWG-Vorsitzende Christiane Bull

Guten Morgen Frau Bull,

mit Interesse verfolge ich die Aktivitäten der FWG und ich finde es gut, wenn Projekte hinterfragt oder gar in Frage gestellt werden. Ich weiß, Ihre Interessengruppe bewertet den Bau einer Kulturhalle sehr kritisch, das las ich auch in der Broschüre die jüngst in meinem Briefkasten lag. Für mich möchte ich sagen: ich freue mich, wenn es in Ingelheim endlich einen Raum geben wird, der wirklich über eine gute Akustik verfügen wird, in dem es wirklich Spaß macht, Konzerte zu organisieren, vor allem dort zu erleben.

Es gibt zwar in Ingelheim einige Räume in denen die unterschiedlichsten Konzerte stattfinden, aber immer nur mit Einschränkungen.

Kirchenräume sind nur bedingt für bestimmte Arten von Konzerten nutzbar. Die Akustik in der Burgkirche ist problematisch. Der Ratssaal wird schon manchmal für Konzerte genutzt, dort herrscht eine extrem trockene Akustik. Der Saal im WBZ ist für Sprachakustik ausgelegt.

Da ich immer wieder in Konzertorganisation eingebunden bin, bedaure ich es zutiefst, dass bisher die Notwendigkeit einer guten Akustik dafür nicht gesehen wurde.

Ich bin Ingelheim sehr dankbar für sein kulturelles Engagement. (In diesem Jahr findet ja die 10. MitMachAusstellung statt, mit wirklich außerordentlicher Unterstützung der Stadt, danke). Es ist facettenreich, aber ein wirklicher Konzertsaal, der den Namen auch verdient, der fehlt bisher. Und ich weiß von etlichen Konzerten, die deswegen nicht stattfanden.

Vor einigen Jahren besichtigte ich damals als Mitglied des Vereins Lebenswertes Ingelheim die unterschiedlichsten Kulturhallen, zusammen mit OB Gerhard und Herrn Hinze.
Folgendes habe ich noch in Erinnerung: Kulturhallen sind nicht zum Nulltarif zu haben, sie kosten im Unterhalt, so genannte Folgekosten.

Unisono erklärten aber alle Orte,

wenn eine Kulturhalle erst einmal da ist, entwickeln sich viele neue Möglichkeiten. Möglichkeiten an die vorher niemand dachte. Das sehe ich als Chance für Ingelheim.

Ich persönlich würde mich sehr freuen, wenn die FWG diesen Weg einschlagen würde: ein aufmerksamer und achtsamer Begleiter, aber auch Förderer und Ideengeber für eine
Kulturhalle.

Musik ist für mich sehr wichtig und wenn ich jetzt älter werde und kann dann in Ingelheim gute Konzerte erleben, ohne dass ich sonstwo hinfahren muss,
dann finde ich das wunderbar.

Freundliche Grüße

Heike Sobotta
Kulturmanagement, Trainerin, Ingelheim

 

 

Antwort der FWG Vorsitzenden Christiane Bull vom 25.06.2013

 

Liebe Frau Sobotta,

vielen Dank für Ihre freundliche Mail und die ausführlichen Erläuterungen Ihrer Ansicht zum Bau einer Kulturhalle für Ingelheim. Ich bin Ihnen dankbar für Ihre klare Stellungnahme!

Um es gleich vorweg zu unterstreichen: Auch die FWG will eine anspruchsvolle Halle, mit guter, zeitgemäßer Akustik, ausgestattet mit ca. 500-600 Plätzen. Auch uns liegt an der Bereicherung durch qualitätsvolle Musikveranstaltungen.

Mit dieser Zielsetzung begann vor 2,5 Jahren auch das gemeinsame Wirken der Parteienvertreter im Workshop zum Thema Halle/ Neuer Markt. Zielrichtung war, WBZ (bei gewährleisteter Nachnutzung) und eine Halle auf das Rathausgelände zu bringen. Dabei sollte das WBZ noch näher in die Stadtmitte, weil dessen Bedarf für große Veranstaltungen in der Halle gedeckt werden sollte - also Synergien genutzt werden sollten. Es ging um eine qualitätsvolle Ergänzung der sonstigen Ingelheimer Hallen und um Vergrößerung des WBZ in Verbindung mit einer  Kulturhalle. Für rein Ingelheimer Bedarf und auch Umlandbedarf war von vorne herein eine Subventionierung zw. 250 bis 400 Tausend Euro/Jahr politisch akzeptiert.

Heute wird an der Realisierung einer Halle mit ca. 900 Plätzen gearbeitet, die an mindestens 150 Tagen im Jahr belegt sein muss, damit der Zuschussbedarf bei ca. 500 T€ bleibt. Es steht nun hinter der Halle ein bundesweiter Anspruch und ein permanenter Druck, es besser als alle Städte um uns herum zu machen. Die bauen ja
auch gerade neu (Wiesbaden, Mainz).

Da muss es erlaubt sein, große Zweifel an der Überzeugung zu äußern, dass eine dauerhafte Belegung an mehr als 150 Tagen gelingt - und zwar dauerhaft, denn die Halle steht da und kostet (von Autoausstellung, über Kongresse, Konzertveranstaltungen bis zu Hansi Hinterseer).

Wer und was zwingt uns, ein solch großes Rad zu drehen? Ginge es nicht eine Nummer kleiner? Die jetzt ermittelten Kosten für das Projekt  - seit einer Woche bekannt - betragen einschließlich Ausrüstung 61,4 Millionen Euro, bei fünf Prozent für Unvorhergesehenes und Teuerung. Das werden nach aller Erfahrung eher 15 % sein. Ursprünglich war der Ansatz 35 bis 40 Millionen Euro. Das galt uns Politikern für eine Stadt wie Ingelheim noch als angemessen. Nun reden wir mit ca. 68 Millionen Euro von einer nahezu doppelt so hohen Investitionssumme.

Wo ist die Hotelinfrastruktur, die Restaurantszene, die die Besucher fußläufig anziehen würde? Wie soll der erwartete Strom der Besucher (einschl. großer Reisebusse) verkehrsmäßig  abgewickelt werden? Die An- und Abfahrt der Kongressbesucher, der Autos, die die Musikschüler holen und bringen? Die Bingerstraße muss wegen des Platzbedarfes der Gebäude auf zwei Spuren verengt werden. Auch die Gartenfeldstraße muss bis auf 10 m vor der Ampel zugunsten von Reisebushalteplätzen auf zwei Spuren verengt werden.

Da WBZ und Halle, unter Verzicht auf Synergien, jedes Gebäude für sich autonom Maximallösungen darstellen, fallen die Gebäudekubaturen einfach zu groß aus. Das Rathausgelände wird überfrachtet. Es entstehen Monolithe, die auf ihre Umgebung unzureichend Rücksicht nehmen. Maximales hat sich noch nie als
dauerhaft angemessen erwiesen.

Die FWG meint, dass das ursprüngliche Konzept, nämlich eine kleine Lösung, angemessen wäre, und zwar kostenmäßig, verkehrsmäßig, städtebaulich, risikomäßig, folgekostenmäßig bei qualitätsvollem Nutzen für die Ingelheimer. Wir könnten dauerhaft für bedeutend weniger Geld und Risiko unsere Ingelheimer und Umland-Bedarfe an Veranstaltungen mit erstklassiger Akustik und Ausstattung decken.

Wir sehen Ingelheim als kulturell rege, moderne Kreisstadt, als eine rheinhessische, von Rebhügeln und Rhein geprägte, weltoffene kleinere Stadt in unmittelbarer Nachbarschaft zu Mainz und Wiesbaden. Für ein neues kulturelles Zentrum mit bundesweitem Anspruch sind wir nicht bereit, die oben beschriebenen Nachteile und Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen.

Es gibt ja die ursprünglich erarbeitete Alternative einer qualitätsvollen Ergänzung der sonstigen Ingelheimer Hallen und die Vergrößerung des WBZ, inkl. Musikschule in Verbindung mit einer wertigen Kulturhalle.

Mit freundlichen Grüßen

Christiane Bull
1. Vorsitzende der FWG Ingelheim