Von den vielen Entwürfen ist der Erstplatzierte der am wenigsten schmerzhafte. Aber er schmerzt noch. Wesentliche Nachbesserungen sind unabdingbar notwendig.
Positiv ist die gelungene Verteilung der Massen festzuhalten. Die westliche Gartenfeldstrasse einzubinden, ist eine folgerichtige Entscheidung. Dass sich der Platz diagonal öffnet, schafft sowohl eine gute Verbindung zur - nunmehr sichtbar blau-gelben, aber immer noch falsch titulierten - sogenannten „Neuen Mitte“, wie auch eine gelungene Erschließung des Rathauses. In beiden Punkten greift der Entwurf den Vorschlag der FWG auf.
Weitere Details wie neben anderen die ins bestehende Gebäude integrierte, unauffällig platzierte Rathaus-Erweiterung und die partielle Erhaltung der Grünanlage an der Binger Straße sind anzuerkennen.
Auf der anderen Seite: Die neue Architektur ist noch immer kubenhaft, fast quadratisch klotzig. Die kubische Architektur des Einkaufszentrums auf das Gelände des Rathauses zu übertragen,stellt städtebaulich das falsche Bindeglied dar. Die Gebäudegestalt und Fassaden sollten sich stärker gegliedert geben und ihrerseits bemüht sein, auf das benachbarte Rathaus und die Umgebung Bezug zu nehmen.
Die neuen Fassaden wirken zu glatt, uniform, unspezifisch funktional. Eine solche unmodern gewordene „Moderne“ passt nicht nach Ingelheim, sie könnte in jeder größeren Stadt stehen. Insbesondere die Kulturhalle wirkt nach wie vor wie ein mächtiger Monolith - mit neun Meter hohen, ungegliederten Sandsteinplatten. Die FWG ist nach wie vor weder von der Angemessenheit der Größe, noch von den baulichen Dimensionen einer solchen Halle überzeugt.
Wenn Ingelheim irgend etwas aus der Zentrums-Überbauung der Vergangenheit gelernt haben sollte, dann doch, daran zu denken, wie so etwas im „worst case“ aussehen wird. Die Zukunft der Kulturhalle, so befürchten wir, wird sein, dass hier nach wenigen Jahren ungenügender Auslastung ein spärlich benutztes Grossgebäude mit hohen Unterhaltskosten stehen wird.
Für die FWG steht zunächst einmal die Realisierung der Bibliothek/ Mediathek und des Ebertkarrés im Vordergrund. Wenn die Ratsmehrheit gegen unsere Stimmen schon eine Komplettumsiedlung des WBZ und der Musikschule auf das Rathausgelände beschlossen hat, sollte die Realisierung eines stark verbesserten Siegerentwurfes doch erst erfolgen, wenn für den alten Standort des WBZ/ Musikschule eine wirtschaftliche Nachnutzung gefunden ist. Für eine gründliche Nacharbeit am Entwurf des Wettbewerbssiegers bleibt also genügend Zeit.